Angst vor dem Zahnarztbesuch ist weit verbreitet. Die Ursachen sind vielfältig: Es kann eine frühere schmerzvolle, grobe Behandlung sein oder ganz einfach das unangenehme Gefühl, wenn durch eine fremde Person im Kopfbereich gearbeitet wird. Wir haben grosses Verständnis für die Ängste unserer Patienten. In einem harmonischen Umfeld sprechen wir zuerst über die Ursachen und Faktoren, welche die Angst auslösen.
Im fortlaufenden, gegenseitigen Gespräch bauen wir zuerst das notwendige Vertrauen zum Patienten auf, bis die Bereitschaft zur Durchführung der Behandlung erreicht ist. Dazu gehören die Erklärung der Behandlungsmethoden und deren Notwendigkeit sowie eine äusserst schonungsvolle und einfühlsame Behandlungsweise.
Eine ältere Dame mit gepflegtem Auftreten und Erscheinung zügelte vom Ausland in die Region Luzern und fand den Weg in unsere Praxis auf Empfehlung aus ihrem Bekanntenkreis. Beim ersten Gespräch schilderte sie lebhaft, wie stark ihre Angstzustände vor einem Zahnarztbesuch seien. Diese wären so ausgeprägt, dass je näher der Termin rückt, sie kaum noch Schlaf finde: Ihr Mund sei für sie eine dunkle, schwarze Box, mit der sie am liebsten nichts zu tun haben möchte. Aus diesem Grund wurden die bisherigen Behandlungen in den letzten Jahren stets unter Narkose durchgeführt. Schon eine einfache Zahnreinigung war ohne Narkose nicht möglich.
Nach mehreren geduldigen und einfühlsamen Gesprächen war die Patientin schlussendlich bereit, den Mund nur für einen Untersuch zu öffnen. Als der Untersuchungsspiegel ihre Unterlippe berührte, kam es zu einer unerwarteten, heftigen Abwehrreaktion, bei der der Untersuchungsspiegel in hohem Bogen durch das Behandlungszimmer flog. Der Patientin entschuldigte sich daraufhin sofort für Ihre unkontrollierte Reaktion, für die wir natürlich Verständnis hatten. Wir einigten uns darauf, dass von nun an jeder Handgriff vorgängig ankündigt wird und sie mit einem Handspiegel meine Untersuchung mitverfolgen könne. Auch wurde darauf hingewiesen, wie sich zahnärztliche Instrumente im Mund anfühlen. Auf diese Weise konnte sich die Patientin auf den Untersuchungsablauf einstellen und wusste immer, was jetzt gemacht wird. So gelang es der Patientin mit der Zeit zu entspannen und ihre Angst abzubauen.
Sie war nicht überrascht, dass ihr Mund aus zahnärztlicher Sicht verwahrlost war. Eine unbehandelte Parodontitis hatte über Jahre zu multiplem Zahnverlust geführt. Die Patientin war mit einer provisorischen Prothese versorgt, die nicht mehr richtig sass und beim Kauen Schmerzen verursachte. Durch den grossen Zahnverlust und den schlechten Kauersatz hatte die Patientin keine richtige Kaufunktion mehr und eine verminderte Lebensqualität. Es führten sie jedoch nicht diese Umstände in unsere Praxis, sondern die Tatsache, dass sie Angst hatte, die restlichen Zähne auch noch zu verlieren, die jetzt alle sehr stark wackelten.
Nach eingehender Befunderhebung und zwei Informationsgsprächen wurde der Behandlungsplan erstellt. Unsere Behandlung erfolgte zuerst in stark verkürzten Sitzungen, deren Länge die Patientin mitbestimmen konnte. So brauchte es mehrere Behandlungen und auch mehr Zeit bis das therapeutische Ziel erreicht wurde. Dieses langsame und behutsame Vorgehen war für die Patientin sehr wichtig. Es gelang ihr mit der Zeit Vertrauen in das Praxisteam aufzubauen. Nach etwa einem gutem halben Jahr konnte eine normale Behandlungslänge erreicht werden, was ein grosser Erfolg war. Die Patientin sprach gut auf die Behandlung an und bemühte sich sehr, unsere Anweisungen korrekt umzusetzen. So stellte sich mit der Zeit der gewünschte Behandlungserfolg ein und es gelang, die Parodontitis erfolgreich zu stabilisieren. Nach etwa eineinhalb Jahren berichtete die Patientin, dass sie erstmals wieder richtig Freude an ihren eigenen Zähnen habe, die Reinigung gehe problemlos, keine Schmerzen und blutendes Zahnfleisch sei mehr vorhanden und der jahrelange, lästige Mundgeruch sei auch endlich weg! Sie war hell begeistert über den erreichten Zustand und fragte, ob man sie wieder mit festen Zähnen auf Implantaten versorgen könnte, denn die abnehmbare Prothese sei ihr lästig geworden.
Durch die lange Vorbehandlungsphase hat sich die Patientin soweit entwickelt, dass nun chirurgische Eingriffe unter lokaler Anästhesie und nicht unter Narkose durchgeführt werden konnten. Die Implantate wurden ohne Verabreichung von Beruhigungsmittel eingesetzt und die Patientin geniesst heute ihre neu gewonnene Lebensqualität in vollen Zügen.
Fazit: Eine erstaunliche Patientengeschichte, die aufzeigt wie es möglich ist, Angstphobien erfolgreich zu überwinden und wieder Freude an den eigenen Zähnen zu finden.